Übersetzung der Urkunde aus dem Jahre 1096
Im Namen der heiligen und ungeteilten Dreifaltigkeit.
Hermann III., durch Gottes Gande Erzbischof der hl. Kirche des Erzbistums Köln.
Es
gibt ja immer Menschen widerwärtigen Herzens und von habgieriger
Gesinnung, die, obwohl sie meist Überfluß an eigenen Gütern haben,
dennoch immer nach fremden Gütern begehren; und sie versuchen, das
gleichsam wie ihr Erbe für sich zu beanspruchen, was sie überhaupt nicht
besitzen können, weder nach göttlichem noch nach menschlichem Recht.
Um
solcher Menschen willen wollen wir jene, die in Einfachheit des Herzens
und in Arglosigkeit Gott dienen, nach Kräften und für die Zukunft
schützen, wie es die Gerechtigkeit erfordert. Wir wollen für die Zukunft
für ihren Besitz vorsorgen, damit nicht auf einmal die Bosheit über die
Gerechtigkeit siegt, weil verruchte Menschen die Guten unter Druck
setzen; ja, daß vielmehr in allen Geschäften und Händeln die Falschheit
durch Gott am Erfolg gehindert werde und der Ehrlichkeit Platz mache.
Wir machen der christlichen Güte aller Anwesenden und künftigen Generationen folgendes bekannt:
Heinrich
und Tiedero, Söhne des älteren Tiedero, verkaufen unserem geliebten
Reginhardus, Abt des Klosters Siegburg, was sie zu Lay erbrechtlich
besitzen, nämlich den größten Teil des Hofes, der in fränkischer
(deutscher) Sprache "Selehof" genannt wird, und zwar mit allen zu dem
Hof gehörenden Hofleuten, sodann den Wäldern und bebauten wie unbebauten
Äckern. Dafür erhalten sie von dem vorgenannten Abte 100 Mark. Dabei
wird unter den Parteien jedoch folgende Abmachung getroffen:
Die
Stiftung der Kirche, die auf diesem Gut erbaut wurde, steht dem Abte
allein zu; in der allen gemeinsamen Gemarkung sollen jene, die auf dem
oben genannten Hofe Dienst tun, dasselbe ihnen beliebige Nutzungsrecht
haben wie die anderen an die Gemarkung grenzenden Nachbarn, d. h., von
Loipach bis Cungebach und bis Wake.
Weiterhin gehört ebenso der
Wald innerhalb dieses Gebietes allein zum Besitze des Abtes; außer ihm
darf fürderhin in diesem Wald keine Person irgendwelche Rechte (= Jagd
und Fischerei vor allem) ausüben.
Zu diesem genannten Gut
gehören sieben Hufen Land: eine davon in Diefenbach erbringt zwei Solidi
(= Goldmünzen), eine zu HUNDESZAGEL (Hundsangen) sechs Solidi, eine zu
Luckerge fünf Solidi, vier Hufen zu Lay bringen ein Fuder Wein, zwei
davon als vollen Pachtzins, die anderen zwei bringen nur den halben
Pachtzins.
Gleichzeitig werden auch die Hofleute übergeben:
vier Männer und drei Frauen; jedoch unter der Maßgabe, daß den in der
Landwirtschaft arbeitenden Hörigen die festgesetzten Entgelte zur
rechten Zeit übergeben werden. Und zwar sollen sie erhalten: Mitte
Februar vier Malter Korn und einen halben Malter Hülsenfrüchte, ein
Malter Malz und sechs Viertel Maß Wein. Sie sollen im Frondienst drei
Tage in der Woche arbeiten. Mitte April erhalten sie einen halben Malter
Käse und eine halbe Speckseite oder 30 Denare. Sie sollen immer drei
Tage in der Woche graben, so daß am Vigiltage des hl. Johannes (23.
Juni) alle Weinberge umgegraben sind. Damit aber dieser Vertrag
möglichst beständig sei, machen sie dieses Testament feierlich am Altare
des hl. Michael durch unsere Hand und die Hand des Ortsvogts Adalbertus
von Norvenich. Damit aber nicht im geringsten etwas an Sicherheit zu
fehlen scheinen könnte, werden zwei ihrer Hofbeamten, nämlich Ordunc und
Hartbertus, mit herangezogen, die eidlich diese Abmachung bestätigen.
Bei diesem Vertragsabschluß sind auch die beiden Hofbeamten Wippizo und
Dumelo zugegen, die vom Pfalzgrafen Heinrich gesandt wurden.
Weiterhin
verkaufen eine vornehme Frau namens Guta und ihr Sohn Udo dem vorher
genannten Abt für 43 Mark: zwei Hufen Land, den Buschwald und das ganze
"Selegut", das sie in Lay erbrechtlich besitzen. Die eine Hufe bringt
zwei Ohm (Eimer), die andere nur ein Ohm ein. Den Hörigen werden Mitte
Februar gegeben: zwei Malter Korn, ein halber Malter Malz, ein Viertel
Maß Hülsenfrüchte, drei Viertel Maß Wein; im April sodann 71/2 Käse, 15
Denare oder 1/4 Speckseite. Sie haben zu arbeiten und zu graben wie die
oben Genannten.
Sie übergeben gleichzeitig auch zwei Hofleute.
Auch wird die ganze Übergabe ordnungsgemäß auf dem Altare vollzogen und
durch den Eid ihres Hofbeamten, eines gewissen Triedo, bekräftigt in
Gegenwart der Ruzelen, der Tochter des Dietfridus.
Etwa zur
gleichen Zeit übergibt in ähnlicher Weise eine Frau namens Berlindis dem
genannten Abt Reginhardus zum Kaufpreis von 43 Mark ihre zwei zu Lay
gelegenen Hufen Land, die drei Ohm Wein bringen, den Buschwald und das
ganze "Selegut", das sie dort erbrechtlich besitzt. Obwohl ihre beiden
Söhne Wichnandus und Heribertus diesem Vertrag zustimmten, hielt sie ihn
doch noch nicht für sicher genug, bis auch ihr Schwiegersohn Emmicho
von Polterstorp durch einen Boten herbeigerufen wurde und auch seine
Zustimmung gab.
Mitte Februar sollen den Hörigen gegeben
werden: zwei Malter Korn, 1/2 Malter Malz, 1/4 Maß Hülsenfrüchte, 3/4
Maß Wein; Mitte April jedoch: 15 Denare oder 1/4 Speckseite, 71/2 Käse.
Sie sollen dafür arbeiten wie die oben Genannten.
Obwohl die
Besitzungen der beiden Frauen Guta und Berlindis je einzeln gekauft und
beschrieben wurden, sind die Verträge aber gleichzeitig zugunsten der
Kirche in Siegburg rechtmäßig beglaubigt worden. Dabei waren zugegen und
stimmten dem Vertrag zu: als Abgesandte des genannten Pfalzgrafen
Heinrich: Ernestes, Giselbertus und Hungerus; Adalbertus und Rugelinus
bestätigen alles öffentlich und durch Eid.
Berlindis jedoch
übergab keine Hofleute, weil der genannte Rucelinus verbot, seine
Schwester und ihre Söhne, die zu dem Gut gehören, Siegburg zu übergeben.
Daß dies alles ordnungsgemäß testamentarisch übergeben und
rechtmäßig in Kraft gesetzt wurde, bestätigen wir unserer Aufgabe gemäß
zugunsten der Kirche zu Siegburg durch das Aufdrücken unseres Siegels.
Dabei
mahnen wir jeden Menschen, daß sich überhaupt niemand unterstehen darf,
diese Abmachung auf irgendeine Weise zu verletzen. Dem stimmen sowohl
die Gewichtigkeit verläßlicher Männer als auch die Autorität
glaubwürdiger Zeugen zu.
Sollte sich einer zu etwas anderem
erdreisten, so soll er aus dem Buche der Lebenden gestrichen werden; und
beim großen Gericht am jüngsten Tage erhalte er als Strafe den zweiten
Tod zu sterben, wenn er nicht so schnell wie möglich seine Gesinnung
ändert und vor Gott und dem hl. Michael entsprechend Genugtuung leistet.
Das alles ist verhandelt und bestätigt worden zu Siegburg im 7. Jahr
unseres Archiepiskopats, unter der Regierung Heinrichs III., des
römischen Kaisers.
Zugegen waren viele glaubwürdige Zeugen,
deren Namen nun folgen: Arnoldus, Probst des Stiftes St. Peter, Bero,
Dekan desselben Stiftes; Herimanus, Abt von St. Pantaleon; Adelboldus,
Abt von St. Martin; Gerlach, Graf von Isinburg; Gerhardus, Graf von
Hostaden; Anselmus von Mollesberg (Molsberg); Herimanus, Vogt zu Köln;
dazu Embricio und Friedebertus von Bobarden (Boppard) und viel andere.
Die Urkunde wurde von Abt Dr. Thomas Denter, Marienstatt, übersetzt.